In zwanzig Kilometern
von Skandinavien ins Tessin:
Die Hauensteiner Murg - ein ganz besonderer Fluss
Vom Wasser
haben wir's gelernt
Stadtkultur im Rheintal und die Leute vom Wald
Immer wieder neu anfangen
Wuhren, Wässerwiesen, Mühlen und Turbinen
Genuss im Hotzenwald - vom Kunsthandwerk bis zur Badischen Küche
Die Hauensteiner Murg - ein ganz besonderer
Fluss
Auf
ihrem Lauf von der Quelle bis zur Mündung in den Rhein verbindet die Hauensteiner Murg unterschiedliche und
gegensätzliche Landschaften:
Die
Wildnisnatur der Bergwälder und Moore nördlich der Quellen
Die offenen
Talauen mit bunten Blumenwiesen in der bäuerlichen Kulturlandschaft
des
Oberen und Mittleren Murgtals
Die tief
eingeschnittene Felsenschlucht und die warmen, sonnigen Hänge der
Rheinterrassen
Im Quellgebiet auf 1.000 Meter Höhe haben eiszeitliche
('skandinavische') Tier- und Pflanzenarten ein Rückzugsgebiet gefunden:
Tannenhäher, Ringdrossel, Zitronengirlitz, Auerhahn sowie Sonnentau,
Wollgräser und Moororchideen kommen hier oben noch vor.
An den südexponierten warmen Felsen und Hängen zum Rheintal hin,
lassen sich dagegen bereits mediterrane Arten finden, wie etwa
Mauereidechsen, Gottesanbeterin (Mantis) oder Flaumeichen,
Felsenkirschen und Esskastanien.
['Skandinavische
Art': links Wollgras im Quellgebiet
[Hochstaudenflur]
rechts das gefleckte Knabenkraut]
So kann man sagen, dass der Flusslauf der Murg - naturkundlich gesehen -
'auf zwanzig Kilometern Skandinavien mit dem Tessin verbindet' und die
großen Landschaftsgegensätze des Talraumes ausgleicht.
An den Stationen zur Botanik der Moore, Blumenwiesen und Schluchtwälder
lässt sich dieser Charakter des Murgtales erkennen.
Verweilt man in der Vogelbeobachtungshütte wird man darauf aufmerksam,
wie die unterschiedlichen Vogelrufe die Stimmung der Landschaft
ausdrücken:
Wie anders klingt der Gesang im dichten grünen Busch als in den
melancholischen Mooren oder im sonnigen offenen Luftraum !
Der Steinbruch Wickartsmühle ist ein traditionelles Exkursionsziel für
Geologen. Über 60 Mineralien werden dort vorgestellt - dazu die
anschauliche Entstehungsgeschichte der Hotzenwald-Gesteine 'aus Feuer
und Wasser'.
Das Naturkundemuseum der Biologischen Station Hotzenwald bietet mit
der größten privaten Schwarzwaldsammlung einen einzigartigen
umfassenden Blick über die seltenen Tierarten, Pflanzen und Gesteine
des Hotzenwaldes. Ein Besuch lohnt sich. Wanderberatung, geführte
Exkursionen und Tipps für Beobachtungen können hier erfragt werden.
Der Hof Berggarten ist eine auf Anzucht und Vertrieb von
Wildpflanzen spezialisierte Gärtnerei. Die neue botanische Gartenanlage
zeigt einen einmaligen und ästhetischen Überblick über die Vielfalt
der Schwarzwaldflora.
Lebensgroße Skulpturen von Sagengestalten des Hotzenwaldes laden zum
Staunen und Schmunzeln ein.
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Vom Wasser haben wir's
gelernt
An der Station 'Gläserner Bach' beobachten wir fasziniert wie die
Strömung der Murg feste Hindernisse wild sprudelnd und schäumend
auflöst und gleich daneben wieder in stillen Tiefen ruht.
Die rythmisch schwingenden Wellen bilden spielerisch immer wieder neue
Formen und vermitteln dabei zwischen den Gegensätzen von ruhenden,
abgeschlossenen Tropfen und der wilden Dynamik offener Wirbelspiralen.
Wie die Welle im Kleinen, so vermittelt der Flusslauf der Murg im
Großen zwischen den gegensätzlichen Landschaften im Norden und Süden
des Talraumes.
So folgt der Murgtalpfad dem gemeinsamen Thema Gegensätze,
Vermittlung und Entwicklung, das sich als 'Roter' oder 'Blauer Faden', in
vielen Stationen spiegelt.
In allen naturkundlichen und geschichtlichen
Themen lässt sich dieser Charakter des Murgtals entdecken.
Ziel einer Wanderung durch das ganze Murgtal ist es, die Quelle oder die
Mündung zu erreichen. Das Volkslied 'Das Wandern ist des Müllers Lust'
sagt uns jedoch, wie das Wasser auch die Seele in Bewegung bringt und
dabei neue, 'innere Ziele' auftauchen können: 'Aufbruch zu neuen Ufern,
Zurückfinden zu den Quellen' oder der Wunsch nach einem 'Zufluss' von
neuen Erfahrungen am Weg.
Wenn wir uns auf die Formensprache des Wassers einlassen, entdecken wir
'dort draußen' in der Natur überall Bilder unserer eigenen seelischen
Erlebnisse und Entwicklungsmöglichkeiten: Wir haben die Chance, Wege
gemeinsam mit der Natur zu gehen.
Wasserstationen am Murgtalpfad:
Murgquelle, Gläserner Bach, Leben im Wasser (Wuhrenstation) und an der
Mündung in den Rhein: Der Flusslauf - ein Organismus, Wasservögel,
Rhein 2000 und Lachsfischerei.
Von besonderem Interesse ist das Strömungsforschungsinstitut in
Herrischried, welches am Weg mit 'Flowforms' und Tropfenbildern seine
Arbeit darstellt. Im Sommer finden samstags, alle vierzehn Tage
Führungen im Institut mit ausführlichen, faszinierenden Experimenten
zur Strömungsforschung statt. Anmeldung ist erwünscht.
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Stadtkultur im
Rheintal und die Leute vom Wald
Die Kulturgeschichte des Hotzenwaldes lebt
vom Gegensatz zwischen Rheintal und 'dem Wald'. Das Rheintal ist uraltes
Kulturland, seit der Steinzeit von Jägern und den ersten Bauern
besiedelt.
Cäsars Legionen unterwerfen die ansässige keltische Bevölkerung und
die Römer bringen darauf die 'Civilisation', die Stadtkultur ins Land.
Auf Schweizer Seite sind die Anlagen von Augusta Raurica (Kaiseraugst),
der alten zentralen Römerstadt der Region, aufwändig restauriert.
Ein Besuch lohnt sich.
Nachdem die germanischen Stämme bis 300 v. Chr. den Main-Donau-Limes,
die Nordostgrenze des römischen Weltreiches gestürmt hatten, bildete
der Hochrhein, mit Castellen und Wachtürmen befestigt, die 'last
frontier' des Imperium Romanum, bis die Alemannen auch diese Grenze
überrennen und an Oberrhein, Hochrhein und im Alpenvorland sesshaft wurden.
Der 'Obere Hotzenwald' blieb dagegen bis ins 13. Jahrhundert unbesiedelt!
Die Rodung der Wälder diente nicht nur der Gewinnung von Ackerland,
sondern vor allem dem großen Holz- und Holzkohlebedarf der
Eisenwerke und Glashütten.
Wer die Mühsal der Rodung und Siedlung auf den rauen und kargen Höhen
auf sich nahm, konnte dort auf eigener Scholle arbeiten.
Gut die Hälfte der 'Leute auf dem Wald' waren 'Freibauern' - die andere
Hälfte Leibeigene der Klöster St. Blasien und Säckingen. Seit
1300 besaßen die Freibauern über 500 Jahre lang das Recht der
Selbstverwaltung in den acht 'Einungen' Rickenbach, Görwihl, Murg,
Hochsal, Birndorf, Dogern, Wolpadingen und Höchenschwand.
Jährlich am Georgitag (23. April) wurden acht 'Einungsmeister' und aus
diesen ein 'Redmann' frei gewählt. Nach den 'Salpetereraufständen'
konnte sich 1738 auch der unfreie Bevölkerungsteil von der
Leibeigenschaft loskaufen. Das 'Hauensteiner Land', wie der Hotzenwald
damals hieß, gehörte den Habsburgern und damit zu Österreich. Erst
nach 1800 kam das Hauensteiner Land an das Großherzogtum Baden und der
Name 'Hotzenwald' bürgerte sich ein.
Eine faszinierende Zeitreise in den frühen Hotzenwald kann man im Freilichtmuseum
Klausenhof machen.
[Das Freilichtmuseum Klausenhof]
Der uralte Hotzenhof mit tiefem Strohdach, noch
ohne Schornstein, mit rauchgeschwärzten Balken und dem Geruch von Speck
und frisch gebackenem Bauernbrot in der Stube, die schönen alten
Geräte und Werkzeuge der bäuerlichen Selbstversorgung, die benachbarte
Klopfsäge, Schmiede und Glasbläserwerkstatt, die Stationen zu
Auswanderung und Armut, lassen Geschichte lebendig werden.
Regelmäßig finden im Klausenhof Freilichtspiele mit
Aufführungen von spannenden Stücken aus der bewegten Geschichte des
Hotzenwaldes statt.
Weitere Stationen mit 'Wurzeln im Mittelalter' sind die Burgruine
Wieladingen und die ehemaligen Hammerwerke und Fronmühlen.
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Immer wieder neu
anfangen
Das Hauensteinerland als
österreichisches Grenzland war im 30-jährigen Krieg völlig zerstört
und entvölkert worden.
Silberbergwerke, Eisenhämmer und Glashütten lagen darnieder. Im 17.
Jahrhundert rief die österreichische Regierung Tiroler und Vorarlberger
Bauern ins Land - die Vorfahren vieler heutiger Hotzenwälder Familien.
Im 18. Jahrhundert warb Kaiserin Maria-Theresia um die Ansiedlung von
Schweizer Unternehmungen. Schweizer Kapital und Hotzenwälder
Arbeitskraft bauten dann am Hochrhein ganze Textilimperien auf. Hier
waren zwei Drittel der Bevölkerung in der Baumwoll- und
Seidenstoffweberei und mit Spinnen, Färben und Nähen beschäftigt;
zuerst in den Manufakturen mit Handspinnrädern und Webstühlen, nach
der industriellen Revolution in mechanischen Textilfabriken.
[Weberei Hottingen der Zell Schönau
AG]
Die Kombination von Textilfabriken am Hochrhein und vertraglich
gebundenen Hauswebern oben auf dem Wald, bei denen die ganze Familie im
Schichtbetrieb in der Stube am Webstuhl saß, war bis in die Mitte des
letzten Jahrhunderts charakteristisch für die ärmste Landschaft
Deutschlands.
Die Textilindustrie mit der weltberühmten Qualität ihrer Seiden- und
Baumwollstoffe waren Garant für das wirtschaftliche Gedeihen der Region;
bis zur Textilkrise der achtziger Jahre.
[Hausweberidylle; die
Wirklichkeit sah oft anders aus]
Geblieben sind allerdings viele Zeugen aus dieser Zeit:
Malerische verfallene Stauwehre und Kanäle an der Murg, die einst
die Elektrizität für die Textilfabriken produzierten - aber auch gut
erhaltene alte Anlagen wie das Kraftwerk Hottingen mit Turbine, das
besichtigt werden kann.
Schließlich die historischen Fabrikareale im Tal, die den Neuanfang
geschafft haben und die funktionsfähigen alten Webstühle aus den
Hotzenwaldstuben, die heute in den Museen (Heimatmuseum Görwihl)
vorgeführt werden. Wer sich selbst in der Kunst der Stoffherstellung
und im Färben mit Pflanzenfarben üben will, findet im Hof Berggarten
das nötige Pflanzenmaterial und kompetente Beratung.
[Darstellung eines
Hammerwerkes]
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Wuhren,
Wässerwiesen, Mühlen und Turbinen
Auf dem Hotzenwald hat man seit dem
frühen Mittelalter die Kraft der vielen 'Bächle' genutzt.
Bis in die sechziger Jahre hinein bewässerten die Bauern die sumpfigen Talwiesen im
Frühjahr noch zusätzlich und das hatte einen Grund:
Die grünen Wiesen, die wir heute ringsum an den Hängen sehen,
waren früher bis in den letzten Winkel als Dinkelfelder und
Kartoffeläcker genutzt. Das Vieh wurde von den 'Hütekindern' in die
Wälder getrieben, so dass für die Heugewinnung nur die Sumpfwiesen unterhalb des Dorfes blieben.
Über spatenbreite Gräben, den sogenannten Wuhren',
wurde im Frühjahr Bachwasser in die Wiesen geleitet, um den Schnee
abzuschmelzen, die Wachstumsperiode zu verlängern und so den Heuertrag
zu erhöhen. Heute sind die Sumpfwiesen und die Moore wertvolle Biotope.
'Wuhren' wurden auch die etwa zwei Meter breiten Kanäle genannt, die im
frühen Mittelalter angelegt wurden. Sie nehmen im Oberen Hotzenwald das
Wasser von den Bächen ab - wie z.B. das Hochsaler und Hännemer Wuhr von der
Murg oder das Heidewuhr vom Seelbach - und leiten es gleichmäßig kilometerlang entlang den Hängen
(sogar über Wasserscheiden) bis zu den früheren Eisenhämmern,
Getreide- und Ölmühlen, Sägewerke und den Textilfabriken im Rheintal.
Diese Wuhren sind heute noch intakt.
[Sägewerk auf dem
Hotzenwald, dessen
Betrieb mit Wasserkrfat erfolgte]
1898 wurde bei Rheinfelden das erste große Rheinflusskraftwerk gebaut.
Dann folgte Laufenburg 1912. Auch im Murgtal errichtete man in dieser
Zeit kleine Kraftwerke für den Antrieb der Turbinen in den
Textilfabriken. Gleichzeitig gründete sich mit der Waldelektra
eine der ersten ländlichen Elektrizitätsgenossenschaften Deutschlands.
Sie versorgte vor allem die zahlreichen Webstühle der Handweber im
Hotzenwald mit
Antriebsenergie.
Heute sind die Pumpspeicherbecken auf dem Eggberg und dem Hornberg zur
Spitzenstromgewinnung die Wahrzeichen der Energielandschaft
Hochrhein-Hotzenwald. Auch das Murgwasser wird teilweise zu ihnen umgeleitet.
Ein Besuch tief im Berg beim Kavernenkraftwerk Wehr oder in Bad
Säckingen ist ein
eindrucksvolles Erlebnis.
Am Murgtalpfad wurde im Jahre 2001 das Energiemuseum eröffnet. Lebendig
und anschaulich sind hier zahlreiche, wertvolle Installationen
zusammengetragen worden. Bewegliche Spielgeräte lassen die Formel
'Kraft mal Weg durch Zeit' zur sinnlichen und praktischen Erfahrung
werden.
Die Stationen:
Wuhren im Hotzenwald, Fronmühle, Hammerwerk und auch die alten
Murgtalkraftwerke zeigen die verschiedenen Formen der Wasserkraftnutzung
am Murgtalpfad.
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Kunst, Kunsthandwerk und Gasthäuser
Eine Landschaft wie der Hotzenwald zieht Künstler natürlich
geradezu magisch an:
Die Glasbläserei gegenüber dem Klausenhof verbindet die Tradition
dieses Gewerbes mit modernem Stilgefühl. Die Glashütten gehörten im
Mittelalter zu den wichtigsten Betriebsstätten auf dem Wald. Ihre
Geschichte wird lebendig, wenn man den alten Spuren der Glasträger
folgt.
Dazu wurde der Glasträgerweg
von Todtnau-Aftersteg beim Feldberg bis nach Laufenburg am Rhein mit
über 180 Kilometer eingerichtet. Er kreuzt in Herrischried den
Murgtalpfad.
[Glasbläser bei der Arbeit]
Hotzenwaldoriginale und Sagengestalten als lebensgroße Skulpturen oder
im Kalenderformat zum Mitnehmen erzählen im Schaugartenareal beim Hof
Berggarten anschaulich aus der Hotzenwälder Geschichte.
Regelmäßige Feste und Märkte gehören seit jeher zum alemannischen
Charakter des Hotzenwaldes. Der Reigen beginnt mit der traditionellen
'Fasnacht', weitere Höhepunkte der 'Kunststückchenmarkt' im Juni in Herrischried mit Vorführungen und
Kunsthandwerk und im Herbst der 'Martini-Markt' in Görwihl.
Der Besuch
einer Freilichtaufführung vor der malerischen Kulisse des Klausenhofes
oder eines Musikkonzertes im Hof der romantischen Ruine Wieladingen
gehört zu den ganz besonderen Erlebnissen eines Aufenthaltes im
Hotzenwald.
Einmal wöchentlich, jeweils donnerstags, findet in Murg ein regionaler Bio-Markt statt.
Landgasthöfe laden nach oder noch während einer
Wanderung zur gemütlichen Rast ein.
Sei es das rustikale Speckvesper oder gute badische Küche - für jeden
Gaumen ist etwas dabei.
Zur
Spezialität des Hotzenwaldes ist Rindfleisch aus ökologischer
Erzeugung geworden.
Ein
Angebot mit Genuss!
Die Weiderinder dürfen wie in der guten alten Zeit
draußen grasen und halten die Hochlagen der Hotzenwaldlandschaft offen.
[Ein zünftiges Schwarzwälder
Vesper
gehört zu jeder Wanderung]
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